Ficker, Ludwig von
(1880-1967)

Die erste persönliche Begegnung mit Trakl am 22. Mai 1912 im Innsbrucker Café Maximilian, wo sich im ersten Stock der Treffpunkt von ›Brenner‹-Mitarbeitern befand, schildert er so:

Wieder einmal hatte ich mich, bald nach Mittag, dort eingefunden, um am sogenannten Brennertisch Freunde zu treffen. Kaum hatte ich mich gesetzt, als mir in einiger Entfernung ein Mensch auffiel, der zwischen zwei Fenstern, die auf die Maria-Theresienstraße hinausgingen, allein auf einem Plüschsofa saß und mit offenen Augen vor sich hin zu sinnen schien. Die Haare kurz geschoren, mit einem Stich ins Silbrige, das Gesicht von unbestimmbarem Altersausdruck: so saß dieser Fremde also da, in einer Haltung, die unwillkürlich anziehend wirkte und gleichwohl Distanziertheit verriet. Doch merkte ich schon, auch er sah, wenn auch scheinbar in sich gekehrt, mit prüfendem Blick wiederholt zu uns herüber, und, kaum war ich aufgetaucht, dauerte es nicht sehr lange, daß mir der Ober seine Karte übergab: Georg Trakl. Erfreut stand ich auf – denn kurz vorher hatte ich sein Gedicht ›Vorstadt im Föhn‹ veröffentlicht –, begrüßte ihn und bat ihn an unseren Tisch.

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