Heidegger, Martin
(1889 - 1976)

Der ebenso berühmte wie umstrittene deutsche Philosoph hat Trakls Schreiben, das er als einziges komplexes Gedicht begriff, die 1952 erschienene Studie "Georg Trakl. Eine Eröterung seines Gedichtes" gewidmet. Hier einige Zitate daraus:

Weil die Sprache dieses Gedichtes aus dem Unterwegs der Abgeschiedenheit spricht, darum spricht sie stets zugleich aus dem, was sie im Abschied verläßt, und dem, wohin der Abschied sich bescheidet. Die Sprache des Gedichtes ist wesenhaft mehrdeutig und dies auf ihre eigene Weise. Wir hören nichts vom Sagen der Dichtung, solange wir ihm nur mit irgendeinem stumpfen Sinn eines eindeutigen Meinens begegnen.
(...)
Allein, dieses Mehrdeutige des dichterischen Sagens flattert nicht ins unbestimmte Vieldeutige auseinander. Der mehrdeutige Ton des Traklschen Gedichtes kommt aus einer Versammlung, d.h. aus einem Einklang, der, für sich gemeint, stets unsäglich bleibt. Das Mehrdeutige dieses dichtenden Sagens ist nicht das Ungenaue des Lässigen, sondern die Strenge des Lassenden, der sich auf die Sorgfalt des "gerechten Anschauens" eingelassen hat und diesem sich fügt.
(...)
Die einzigartige Strenge der wesenhaft mehrdeutigen Sprache Trakls ist in einem höheren Sinne so eindeutig, daß sie auch aller technischen Exaktheit des bloß wissenschaftlich-eindeutigen Begriffes unendlich überlegen bleibt.

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