Erich Fried
6.5.1921, Wien - 22.11.1988, Baden-Baden.

Trakl-Haus, Salzburg

Zu schwer das Gewölbe:
ein Albtraum
dunkel und schön
in der schönen Stadt
zu stark und zu unverfallen
um zu hoffen auf ein Erwachen
zu alt um in ihm zu leben
zu alt um in ihm zu wohnen
und leben zu bleiben
in kühlen Zimmern ohne Sinn
Zu schön um sich
beizeiten von ihm zu trennen

Gänge und Mauern
sind Knochen des steinernen Todes
Ein eiserner Vater
half diesen Stein keltern
den einsamen Sohn
und ihn pressen in frühen Herbst
Engel mit kalten Stirnen
trugen Verwesung

Und aus dem Haus
fliehend durch enge Gassen
durch das finstere Neutor unter dem Mönchsberg
sah er drohen von oben
die Feste Hohensalzburg
die Zwingburg die
die Juden vertrieben hat
die Bauern geknechtet hat
die Salzknappen besiegt hat
Wo war da Freiheit
außer in Traum und Umnachtung?


[Wiedergabe mit Genehmigung des Wagenbach Verlags]

Translation:

Trakl-House, Salzburg

 

Too heavy the arches:

a nightmare

dark and beautiful

in the beautiful city

too strong and too undecayed

to hope for an awakening

too old to exist in

too old to dwell in

and remain living

in cool rooms without meaning

Too beautiful

to part with in good time

 

Passageways and walls

are bones of stony death

An iron father

helped this stone press

the lonely son

and it squeeze in early autumn

Angels with cold foreheads

wore decay

 

And from the house

fleeing through narrow lanes

through the sinister New Gate under the Mönchsberg

he saw threatening from above

the fortress Hohensalzburg

the stronghold that

had driven out the Jews

had enslaved the farmers

had defeated the salt workers

Where was there freedom

except in dream and derangement?

(translated from German by Jim Doss and Wersch)