Frantisek Hrubín
17.9.1910, Prag - 1.3.1971, Ceské Budejovice.
2 Übersetzungen:
Der Leser am Fluß
Über den Gedichten von Georg Trakl
In ewger Bläue der Azur.
Der Wind in meinem Buche blättert.
Die Augen ruhten lang schon. Nur
ein buntes Käferchen durchklettert,
lebendiges Initial,
der Strophen weißgefaßten Rahmen,
verzückt wie ich - und deinen Namen
vergaßen wir fast dieses Mal,
Dichter, der Strophen du gelesen,
die heute - längst vergessen - ruhn,
dein Sommer war durchklirrt gewesen
von Waffenlärm wie meiner nun,
doch strömt der Fluß wie anderwärts,
und hell im Schilf spielt Sonnenflimmern
und läßt im gleichen Glanze schimmern
den Stahl der Sichel wie des Schwerts.
Wie weit ists bis zu meinem Tod?
Hör, wie der Fluß mein Wort wegleitet,
mit meinem Spiegelbild entgleitet
und wie das Licht aufflammend loht,
fast sprengend die granitnen Höhen
der Landschaft rings, die hartgebrannt
wie die Gebirge um mein Land,
da ewig sie im Feuer stehen.
Und von des Sonnentores Loh'n
führn Felder niederwärts wie Treppen,
darüber sich die Dürren schleppen
und Hunger auszusäen drohn.
Der Schnitter schwenkt den blanken Stahl,
und ein Befehl ist die Gebärde:
Halt wie die Toten fest die Erde,
und fester noch - für dieses Mal! -,
im Schatten dann der Lindenkrone
wischt er den Schweiß, der strömend rinnt:
So gut behelmt hat ihn die Sonne,
bevor er seinen Weg beginnt.
Vielleicht ist schon sein Tag bemessen,
das Ende naht auf schnellen Schuhn.
Dein Sommer ist durchklirrt gewesen
mit Waffenlärm wie meiner nun,
doch strömt der Fluß wie andernwärts,
und hell im Schilf spielt Sonnenflimmern
und läßt im gleichen Glanze schimmern
den Stahl der Sichel wie des Schwerts.
(aus dem Tschechischen von Franz Fühmann)
Der Leser am Fluß
Über den Gedichten von Georg Trakl
Im Wolkenlosen hat der Himmel Dauer.
Ein leichter Wind fährt mir ins Blatt
und wendet es und setzt mich matt
vor deinen Versen schöner Trauer.
Ein Siebenpunkt, bewegte Initiale,
teilt mein Entzücken und begreift
die Zeilen leiblich. Viele Male,
die er durchs fast Vergeßne streift,
so wie auch du durch Bücher schrittest,
die niemand zu erinnern weiß.
Verschwistert unsre Sommer, drin du littest,
als Zeiten gleichen Kriegsgeschreis,
jedoch der Fluß strömt ungeschwächt,
und Sonne übergießt die Weiden.
O Helle, wie bist du gerecht:
Gleich blinken Schwert- und Sichelschneiden.
Wie weit noch bis zu meinem Tode?
Hör, wie der Fluß geschwätzig schweigt
mein Bild verwischt und ganz marode
die Hänge meiner Landschaft zeigt:
Granitenes, dran sich die Lichter brechen,
von gleicher Feste wie das Land,
das so oft in den Feuern stand,
daß seine Ränder krustig stechen.
Im Schwung von Sonnentreppen breiten
die weiten Felder sich ins Land
und liegen unterm Zyklus jener Zeiten,
da Hunger statt des Korns aufstand,
der Schnitter gibt mir schneidende Befehle
inmitten hingemähter Reihen:
den Toten gleich - mit Leib und Seele! -
der Erde zugehörig sein...
Er tritt ins Schattenreich des Baumes
und wischt, den ihm die Sinne gab,
den Schutzhelm seines Schweißes ab
und überschlägt die Zeit des Raumes.
Mag sein, noch nicht genug geschnitten,
wir schließen, was wir sprachen, nicht zum Kreis.
Verschwistert unsre Sommer, drin du littest,
als Zeiten gleichen Kriegsgeschreis,
jedoch der Fluß strömt ungeschwächt,
und Sonne übergießt die Weiden.
O Helle, wie bist du gerecht:
Gleich blinken Schwert- und Sichelschneiden.
(aus dem Tschechischen von Jürgen Rennert)
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