Veranstaltet von der Zeitschrift "Der Brenner" hat Trakl am 10.12.1913 zum einzigen Mal öffentlich aus seinen Werken vorgetragen. Den Hauptteil des Abends, ab 19,30 Uhr im Musikvereinssaal, Museumstraße 17a, bestritt der "Brenner"-Mitarbeiter Robert Michel, der eine Novelle und aus einem unveröffentlichten Roman las. Einen Eindruck von Trakls Auftritt zwischen diesen beiden Blöcken vermitteln folgende Pressestimmen: Anders dürfte es um die Vorlesungen Trakls stehen,
aus denen die überzeugende Kraft einer eigenartigen Persönlichkeit
des Geistes spricht. Der Dichter las leider zu schwach, wie von Verborgenheiten
heraus, aus Vergangenheiten oder Zukünften, und erst später
konnte man in den monotonen gebethaften Zwischensprachen dieses schon
äußerlich ganz eigenartigen Menschen Worte und Sätze,
dann Bilder und Rhythmen erkennen, die seine futuristische Dichtung bilden.
Alles wird Bild und Gleichnis in ihm, tauscht sich in seiner Seele zu
anderen Ausdrucksmöglichkeiten um, die dann den Menschen von heute
noch nicht liegen, aber doch so überzeugend gebracht werden, daß
man ihre Möglichkeit glaubt. Allerdings, wann dieses Dichters Zeit
gekommen sein wird? - Denn ein Dichter ist dieser stille, alles in sich
umtauschende Mensch gewiß, davon überzeugt jedes seiner Gedichte,
die Offenbarungen gleich wirken. Aber das Publikum, das von heute und
morgen, versteht ihn noch lange nicht, und die Klaköre, die gar so
laut taten, am allerwenigsten. Georg Trakl erntete mit seinen geistvollen Gedichten
(Die junge Magd - Sebastian
im Traum - Abendmuse - Elis
- Sonja - Afra
- Kaspar Hauser Lied - Helian)
reichen Applaus, wenngleich seine Vorlese-Art besser für einen intimen
Zirkel als für einen großen Saal paßt und die zuweilen
übergroße Gedämpftheit des Vortrages manches untergehen
ließ. Der Abend war ein literarisches Ereignis für Innsbruck,
für welches Kenner den Veranstaltern vollen Dank wissen werden.
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