Jewgeni Abramowitsch Baratynski 1800, Vjaslo - 1844, Nizza.
Der Tod
Der Tod ist nicht ein Grabgerippe, Ein Kind des Dunkels und der Nacht, Nicht jener Schnitter mit der Hippe, Zu dem der Sklavensinn ihn macht.
Du kommst, uns Trost und Glück zu spenden, Du, ew'gen Lichtes schöner Strahl: Den Ölzweig trägst du in den Händen Und nicht der Sense scharfen Stahl. Die Welt der Millionen Blüten, Entsprungen wilder Kräfte Streit, Durch dich, o Tod, läßt sie behüten Der Herr der Zeit und Ewigkeit. Kühl fliegst du über allen Wesen, Gießt Sanftmut in ihr heißes Blut, Du läßt vom Selbstsinn sie genesen, Du zügelst ihren Übermut.
Dem wilden Toben des Orkanes Gebietet deine Rechte Trutz, Vorm Wellendrang des Ozeanes Gewährt dein starker Arm uns Schutz. Wenn du nicht wärst, o Tod, so reckte Bis in den Himmel sich der Baum, Ein ungeheurer Wald bedeckte Die Welt und raubte uns den Raum. Und auch der Mensch! Von seinen Wangen Flieht, wird er deiner sich bewußt, Die Glut des Zorns, der ihn umfangen, Und aus dem Herzen böse Lust.
Herrscht Unrecht hier, im Jammertale, Ist einer arm, der andre reich – Vor deinem heil'gen Tribunale Wird alles recht, wird alles gleich. In Fesseln sind wir hier geschlagen, Und Zweifel rauben uns die Ruh': Du lösest alle unsre Fragen, All unsre Ketten lösest du! [1828; aus dem Russischen von Ludolf Müller]
|