Dschu Schu-dschen 12./13. Jh., China. Abendspaziergang
Der Abendtau macht mich verrückt. Der Nebel macht mich krank. Komm, setz zu mir dich auf die Bank - ein Weilchen nur. Dann lass uns wandern Hand in Hand den See entlang, dort, wo die Lotusblumen blühn. Die ersten Frühlingsschauer ziehn schon übers Land.
Und so verrückt hat mich die Zärtlichkeit gemacht, dass mich auch nicht mehr schreckt, was andre denken. Ich werf mich an die Brust dir unbedacht, und alles, was ich hab, möchte ich dir schenken. Doch wird es Nacht - und wenn wir auseinandergehn, wie trüb wird alles sein - Sitz ich allein vorm Spiegel - nein! ich möcht mich nicht drin sehn. [aus dem Chinesischen von Ernst Schwarz]
Frühlingsabend Die Bambusstauden schaukeln sich im Wind. Durchs Fenster wirbelt grüner Schattentanz. Zu zweit die Vögel fliegen nun - zu zweit. Was sie sich zwitschernd wohl zu sagen haben? Schon fortgetragen hat der Frühlingswind die letzten Blüten des Wildapfelbaums. Die Tage werden länger, und die Luft nimmt so gefangen, dass es scheint, sie lege mir heimlich unsichtbare Fesseln an. [aus dem Chinesischen von Ernst Schwarz]
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