Alexander Negora
1886-1920 ?
Hieß eigentlich Alexander Negorejew und war Sohn einer deutschen Mutter und eines russischen Vaters. Übersetzte etliche zeitgenössische Dichter ins Deutsche und schrieb auch selbst oft in dieser Sprache. Emigrierte wegen der Oktoberrevolution nach Berlin. Seit er die Stadt 1920 nach Verschlechterung seines Geisteszustandes verließ, ist er wie auch vieles aus seinem Werk verschollen.
Was von mir am Boden geblieben,
ist nur ein Umriß aus Klebeband.
Der ganze Rest kreist nach Belieben
um die Erde: ein froher Trabant,
kokettiert mit den Monden, jongliert mit den Sonnen
und fühlt sich besser als je zuvor!
Es heißt: Wie gewonnen, so zerronnen. -
Ich habe gewonnen, seit ich verlor.
(1920)
[aus dem Russischen von Alexander Nitzberg]
Dichter: Geisel der Menschheit,
um Befreiung bemüht.
Mal ein flammender Brennscheit,
mal zu Asche verglüht.
Eine kritische Masse,
die sich selber zerreißt,
eine bittre Grimasse
zwischen Körper und Geist.
In der Sekunde sechzig
Anschläge - werden verübt
auf mein Leben, doch krächz' ich
darum etwa betrübt?
Hab ich jemals geröchelt?
Ich pfiff auf das ganze, doch
pfiff ich, von Kugeln zerlöchert,
stets auf dem letzten Loch.
Hundert Leben erstarb ich,
durchlebte den hundertsten Tod.
Der Tod! Er schien mir so farbig!
Das Leben rosig bis rot...
Da wollte ich nur noch sterben
und nicht mehr ins Leben zurück.
Da brach ich mein Leben in Scherben,
denn Scherben bringen Glück.
(1920)
[aus dem Russischen von Alexander Nitzberg]