Jean-Joseph Rabearivelo
1901, Tananarivo, Madagaskar - 1937, Freitod ebd. Da stehst du
Da stehst du aufrecht und nackt. Moder bist du, und du weißt es. Aber in Wirklichkeit bist du das Kind des trächtigen Schattens der an der Milch des Mondes sich voll saugt auf dieser flachen Mauer, darüber Blütenträume und Düfte eines matten Sommers wehen. Spüren, glauben, dass dir an den Füßen Wurzeln treiben, die sich winden, schlängeln gierig unterirdischen Quellen zu oder sich im Sand verankern und dich ihm vereinen, dich, den Lebenden, den unbekannten Baum, den nicht zu erkennenden Baum, der du Früchte treibst um einst sie selbst zu pflücken. Dein Wipfel im Haar, das der Wind zerzaust, birgt ein Nest für körperlose Vögel. Und wenn du kommen wirst in meinem Bett zu schlafen, erkenne ich daran dich wieder, mein fahrender Bruder, dass deine Berührung, dein Atem, der Duft deiner Haut den Schlag geheimnisvoller Flügel klingen lässt bis an die Grenzen des Schlafs. [aus dem Französischen von Janheinz Jahn]
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