Abu Ishak Ibn Hilal as-Sabi
925-994.
Gehörte der astral-polytheistischen Religionsgemeinschaft der Sabäer an, die wahrscheinlich auf babylonische Wurzeln zurückging und im 12./13. Jh. erlosch. Leitete die Staatskanzlei in Bagdad, der Residenz des Kalifen des islamischen Reiches, und galt als unübertrefflicher Meister arabischer Kunstprosa.
Du kannst für die Frommen jedes Glaubens
Den Beweis für ihre Dogmen leihn:
Sieht der Muslim dich, hält er dich sicher
Für die Huri, ewig hold und fein.
Sieht ein Christ dich, Reh, wie du voll Anmut
Wiegst auf schlankem Zweig des Vollmonds Schein,
Preist sein Dogma von der Trinität er:
Denn in dir ward Drei ja ganz zu Ein!
Sieht ein Jude deine Stirn erglänzen,
Weißt er Ketzer ab und Heiden: "Nein,
Seht ihr nicht - das ist der Glanz des Herrn,
Der dem Mose strahlt' am Wüstenstein!"
Sehn die Magier dein Gesicht so leuchtend,
Drüber nächtig schwarz die Locken dein,
Wirst du ihre Sonn - und ob des Dunkels
Werfen sie sich hin in langen Reihn.
Die Sabäer sehen, dass du einzig
Bist an Schönheit, unvergleichlich rein,
Wie die Venus scheinst du ihnen, glückhaft,
In Merkurs und Jupiters Verein.
Alle schauen nur auf deine Hände,
Ob sie irrend oder gläubig sei'n -
Jenen halfst du, mich verwirrst, verlässt du,
Und ich wandle, glaubenlos, allein!
[aus dem Arabischen von Annemarie Schimmel]
Wie manch Gedicht läßt lang sein Inhalt scheinen,
Und wenig Worte nur sinds, wenn dus liest,
Und manches, das mit vielen Worten prunket,
In dem du nur Geschwätz und Torheit siehst!
Das Meer ist weit, doch salzig ist sein Wasser,
Und süß der See, drin wenig Wasser fließt.
[aus dem Arabischen von Annemarie Schimmel]
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