Soll ich dich einem Sommertag vergleichen?
Anmutiger, gemäßigter bist du.
Des Maies Lieblinge jagt Sturmwind von den Zweigen,
Und nur zu früh gehn Sommers Pforten zu.
Bald scheint zu heiß des Himmels Auge, bald
Umdunkelt sich sein goldner Kreis; es weilet
Das Schöne nie in seiner Wohlgestalt,
Vom Zufall, vom Naturlauf übereilet.
Du aber sollst in ewgem Sommer blühn,
Nie deiner Schönheit Eigentum veralten;
Nie soll dich Tod in seine Schatten ziehn,
Wenn ewge Zeilen dich der Zeit erhalten.
Solange Menschen atmen, Augen sehn,
So lang lebt dies, und heißt dich fortbestehn.
[aus dem Englischen von Gottlob Regis]
William Shakespeare
21./23.4.1564, Stratford-on-Avon - 23.4.1616, Stratford-on-Avon.
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Soll ich dich einem Sommertag vergleichen?
Holdseliger und milder noch bist du:
Durch Maienknöspchen rauhe Winde streichen,
Des Sommers Frist geht raschem Ende zu.
Oft glüht des Himmels Auge gar zu heiß,
Oft zeigt sein goldner Glanz des Dunkels Spur,
Das Schöne weicht oft aus der Schönheit Gleis
Durch Zufall oder Wandel der Natur.
Doch nimmer schwindet deines Sommers Pracht,
Und was du Holdes hast, wird ewig weilen;
Du wirst nicht wandeln in des Todes Nacht,
Wenn du verewigt bist in ewgen Zeilen.
Solange Menschen atmen, Augen sehn,
Lebt mein Gedicht, in ihm wirst du bestehn.
[aus dem Englischen von Eduard Sänger]
Soll ich vergleichen einem sommertage
Dich der du lieblicher und milder bist?
Des maien teure knospen drehn im schlage
Des sturms und allzukurz ist sommers frist.
Des himmels aug scheint manchmal bis zum brennen ·
Trägt goldne farbe die sich oft verliert ·
Jed schön will sich vom schönen manchmal trennen
Durch zufall oder wechsels lauf entziert.
Doch soll dein ewiger sommer nie ermatten:
Dein schönes sei vor dem verlust gefeit.
Nie prahle Tod · du gingst in seinem schatten..
In ewigen reimen ragst du in die zeit.
Solang als menschen atmen · augen sehn
Wird dies und du der darin lebt bestehn.
[aus dem Englischen von Stefan George]
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